top of page

Zurück in die Berge

  • Autorenbild: Cora
    Cora
  • 9. Dez. 2022
  • 4 Min. Lesezeit

Irgendwann herrscht Aufbruchsstimmung in unserem Camp. Semi und Jorge wollen weiter nach Guatemala und verlassen uns deshalb eines Abends. Auch wir möchten langsam weiter, wir sind nämlich verabredet! Simon (Philips kleiner Bruder) und Louis (ein guter Freund) sind zurzeit ebenfalls in Mexico unterwegs. Der Plan ist es, sich anfangs November in San Cristobal de las Casas zu treffen. Die beiden sind begeisterte Kletterer mit ziemlich viel Erfahrung, sie beschäftigen sich seit zwei Jahren mit nichts Anderem mehr. Für drei Wochen werden sie in San Cris bleiben und uns klettertechnisch wohl ziemlich herausfordern.


Da in den ersten Tagen des Novembers "Los dias de los muertos", die mexikanische Version von Halloween, stattfinden, entscheiden wir uns, schon ein paar Tage früher als unser bevorstehender Besuch in San Cristobal zu sein. Die Festtage werden in gewissen Ortschaften sehr ausgelassen gefeiert und sind wegen der einmaligen Verkleidungen weltbekannt. Hier am Strand werden wir von den Festivitäten voraussichtlich nichts mitbekommen, deswegen wollen wir die Tage in der Stadt verbringen. Am letzten Abend vor unserem Aufbruch erleben wir noch eine Überraschung: Wir spazieren im Dunkeln an der Lagune entlang, als wir plötzlich vermehrtes Leuchten im Wasser erblicken. Es stellt sich heraus: Das gesamte Gewässer, neben dem wir gerade für zwei Wochen gelebt haben, ist biolumineszent! Wie gut, dass wir das noch vor unserer Abreise bemerkt haben.


Nach einem letzten Sprung ins Meer verabschieden wir uns am darauffolgenden Tag von allen und machen uns auf den Weg. Wir sind etwas skeptisch, weil wir von 0m auf über 2000m fahren müssen, aber Gorda macht uns seit des letzten Zwischenfalls einen stabilen Eindruck. Voller Optimismus übernimmt Cora für die ersten Stunden das Steuer. Als Philip irgendwann auf das Armaturenbrett blickt, erschrickt er. Die Temperatur des Motors ist schon bedeutend gestiegen und das, obwohl wir noch strickt geradeaus fahren. So sollte das eigentlich nicht sein! Wir halten an, checken heute zum zweiten Mal den Ölstand und stellen fest: Unsere erste Messung war wohl nicht ganz korrekt, der Ölspielgel ist viel zu niedrig. Natürlich sind wir gut vorbereitet und haben Öl dabei, wovon wir gleich zwei Liter nachgiessen. Über die darauffolgenden Kilometer normalisiert sich die Anzeige und wir atmen auf. Da haben wir eine schlimmere Katastrophe gerade so verhindert!

Wir entscheiden uns für eine andere Route als auf dem Hinweg nach Oaxaca. Diesmal nehmen wir die Strasse, auf der man keine Maut zahlt. Das hat den Nachteil, dass der Weg ein wenig kurviger und länger ist, allerdings kompensieren die schöne Landschaft und die Abwesenheit der lästigen Polizeikontrollen dies. Cora hat normalerweise Schwierigkeiten damit, längere Etappen zu fahren, weil sie nach spätestens zwei Stunden in Sekundenschlaf verfällt, heute ist sie jedoch besonders ausgeruht und motiviert und schafft sogar drei Stunden. Um 13 Uhr übernimmt Philip das Steuer. Kurz darauf beginnt die Strasse, sich durch die Hügel nach oben zu winden. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h und minütlichen Blicken auf die Temperaturanzeige kriechen wir den Berg hinauf. Und tatsächlich, Gorda hält durch. Wir schaffen es bis nach Tuxtla, hier müssen wir uns entscheiden: Fahren wir das letzte Stück noch heute, oder sollen wir uns mit Gordas Leistung zufriedengeben? Die Sonne steht noch deutlich über dem Horizont und Tuxtla ist eine wahrhaftige Industriestadt. Gordita hat also noch keinen Feierabend. Dies gefällt ihr nicht sonderlich, was sie uns spüren lässt, das Tempo wird immer langsamer und die Steigungen ziehen sich ins Unendliche. Kurz vor Dunkelheit erblicken wir San Cristobal. Jetzt geht der Weg endlich wieder bergab!


Die Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. So voll haben wir sie noch nie gesehen. Im Schritttempo fahren wir durch die engen Gassen in Richtung Zentrum, weit und breit ist kein Parkplatz in Sicht. Zufällig parkt jemand direkt vor uns aus und wir schnappen uns die Lücke. Nach acht Stunden Autofahrt liegen die Nerven blank. Zum Glück funktioniert das Manöver ausnahmsweise auf Anhieb. Wir sind angekommen!


Völlig erschöpft wollen wir uns nur noch in eines unserer Lieblingsrestaurants setzen. Bis jetzt haben wir uns heute erst von Keksen und Chips ernährt. Im Zentrum ist die Hölle los. Alle Strassen sind gesperrt und eine riesige Menschenmenge wartet darauf, dass ein Umzug stattfindet. Gespannt gesellen wir uns dazu, die Parade wollen wir uns nicht entgehen lassen. Plötzlich entdecken wir zwei vertraute Gesichter in der Masse und trauen unseren Augen nicht. Vor uns stehen Semi und Jorge! Ihre Ausreise aus Mexico verzögert sich auf Grund von abgelaufenen Dokumenten wie Führerausweis und Autoversicherung. Zu viert schauen wir uns den Umzug an, der allerdings eher von gewöhnlichen Halloween-Kostümen als von traditionellen Trachten geprägt ist.




Am nächsten Tag fahren wir mit Blueberry nach Chamula (dem Dorf, wo die Hühnchen geopfert werden), um den einheimischen Feierlichkeiten beizuwohnen. Was uns dort erwartet, ist eine riesige Party auf dem Friedhof. Alle sind betrunken, spielen laute Musik und verzieren die Grabsteine mit Figuren und Mustern aus wunderschönen orangen Blumen. Der feierliche Anblick passt so gar nicht zu dem sonst eher traurigen Ambiente eines Friedhofes, uns gefällt jedoch die Idee, die Toten zu feiern und nicht nur um sie zu trauern. Des Weiteren sieht man überall schön dekorierte Altäre mit Bildern der Verstorbenen. Ihre Lieblingsleckereien werden zubereitet und mit an die Gedenkstätte gestellt. Der Ausflug hat sich gelohnt, da diese Eindrücke viel mehr dem entsprechen, was wir uns eigentlich von den Dias de los Muertos erhofft hatten.




Nun bleiben uns noch einige Tage, bis Simon und Louis ankommen. Wir wollen die Zeit nutzen, um unsere Kletter-Skills wieder aufzufrischen, damit wir mit ihnen durchstarten können. Ab und zu nehmen wir Jorge mit, der ebenfalls klettert. Viel mehr Erfahrung hat er jedoch mit Highlining. Dies ist das gleiche wie Slacklining, nur in höchster Höhe. Man ist dabei natürlich wie beim Klettern gesichert. Zufälligerweise hat ein Einheimischer in unserem Go-to-Kletterort Arcotete gerade eine Highline gespannt. Jorge ist Feuer und Flamme und zeigt uns sein Können. Danach instruiert er uns, sodass auch wir unser Glück versuchen können. Dabei wird ziemlich viel Adrenalin ausgeschüttet und wir haben viel Spass, vom Aufstehen sind wir aber noch meilenweit entfernt.




Wir merken, dass wir durchs Surfen in Oaxaca etwas stärker geworden sind und freuen uns auf unseren Besuch. Hoffentlich sind wir für alles gewappnet, was er mit uns anstellen wird.

 
 
 

Comments


Beitrag: Blog2 Post

©2022 Traveltales. Erstellt mit Wix.com

bottom of page