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Besuch aus der Heimat

Autorenbild: CoraCora

Am Abend des 5. Novembers ist es so weit. Simon und Louis landen in Tuxtla und nehmen ein Collectivo nach San Cristobal. Dort erwarten wir sie schon und führen sie zu ihrer Unterkunft für die nächsten drei Wochen. Das Haus ist dasselbe, in dem wir uns bei unserem letzten Aufenthalt ein Zimmer gemietet haben. Allerdings sind momentan fast alle Räume vermietet, sodass Philip und Cora in Gorda schlafen, die vor der Türe geparkt ist.

Wie schon gedacht, sind die Jungs übermotiviert zum Klettern, also geht es gleich am nächsten Morgen nach Arcotete. Beim Anblick der einmaligen Tropfsteinformationen im Überhang bricht die Begeisterung aus. Bevor es jedoch an die etwas schwierigeren Routen im Dach geht, widmen wir uns den vertikalen Optionen. Auf diesen haben Philip und Cora bereits viel geübt. Eine dieser Routen ist gerade an der oberen Grenze von Coras Kletterniveau, weshalb sie sich dafür entscheidet, diese über die nächsten Tage zu projektieren. Simon und Louis haben sich schon im Vorfeld über alle Sektoren informiert und wissen schon längst, was ihr Projekt sein wird. Es ist ein Aufstieg, den man an drei verschiedenen Punkten beenden kann. Jedes Mal, wenn man eine Etappe hinzufügt, steigt der Schwierigkeitsgrad. Ihr Ziel ist es, alle drei Teile in einem Versuch zu schaffen. Philip begnügt sich mit dem ersten Stück, das für ihn schon eine mächtige Herausforderung darstellt.

Die Tage vergehen wie im Flug, für andere Aktivitäten als Klettern bleibt nicht viel Zeit. Unser Programm ist auf maximale Effektivität ausgerichtet. Der Rhythmus besteht aus zwei Tagen klettern und einem Tag Pause. Dies kostet natürlich viel Energie, sodass wir den Restday meistens in unseren Lieblingsrestaurants verbringen, wo wir stundenlang Karten oder Schach spielen.



Das einzige, was den Ablauf durcheinander bringt, ist die berüchtigte "San Cris Krankheit", die jeden erwischt, der sich hier aufhält. Zuerst wird Louis krank und muss ein paar Tage aussetzen. In dieser Zeit macht Simon grosse Fortschritte auf ihrem gemeinsamen Projekt, während Louis in kurzen Intervallen auf die Toilette rennt. Zum Glück gibt es in Arcotete ein Baño. Als Nächstes ist Simon an der Reihe. Glücklicherweise schafft er es einen Tag, bevor er ebenfalls an die Toilette gebunden wird, die Route zu besteigen. Die Freude ist riesig, da dies sein bisher grösster Erfolg im Klettern ist.

Philip und Cora bleiben auch nicht verschont, schlussendlich sind also meist nur drei Leute fit genug, um sich sportlich zu verausgaben. Das hat aber den Vorteil, dass jemand sich als Fotograf üben kann und hervorragende Kletterbilder entstehen.



Trotz allem plagt uns (Philip und Cora) noch eine Sache: Die Papiere für Gorda. Das Auto ist momentan nicht in unserem Namen registriert, was bei den Grenzübergängen zu Problemen führen könnte. Im schlimmsten Fall könnte Gorda sogar konfisziert werden. Es gestaltet sich schwieriger als gedacht, diesen Missstand zu beheben. Als Tourist*in ist es gesetzlich unmöglich, in Mexiko ein Auto zu haben, ohne eine permanente Aufenthaltsbewilligung zu besitzen. Im zuständigen Büro werden wir aus genau diesem Grund abgewiesen, weshalb wir auf eigene Faust Kontakt mit einem Anwalt aufnehmen. Dieser hat “Freunde” in allen möglichen Behörden und verspricht uns, dass wir innerhalb von zwei Wochen legale Papiere und Nummernschilder auf unseren Namen haben werden. Misstrauisch hören wir ihm zu, sind aber schlussendlich genug verzweifelt, um den Deal mit ihm einzugehen.


Die Kletterabenteuer mit den Jungs sind unglaublich cool. Wir entdecken gemeinsam neue Klettergebiete/ Routen und lernen dabei die lokale Kletter-Community besser kennen. Es gibt einige Australier, Amerikaner und Kanadier, die sich hier niedergelassen haben und fast täglich klettern. Zusammen mit den Einheimischen geben wir eine bunte Truppe ab.


Wir warten und warten, aber nach den versprochenen zwei Wochen sind unsere Papiere noch nicht aufgetaucht. Der Anwalt hält uns hin, er schiebt die Verspätung darauf, dass alles ohne permanente Aufenthaltsbewilligung doch etwas komplizierter ist. Missmutig akzeptieren wir seine Erklärung, sind aber gestresst, da Simon und Louis in einer Woche wieder gehen und auch wir zu diesem Zeitpunkt aufbrechen wollen. In seinen letzten Tagen probiert Louis krampfhaft sein Projekt endlich zu meistern. Etliche Male macht er den ganzen Aufstieg, nur um beim allerletzten Teil zu scheitern. Zugegebenermassen sind die Griffe dort auch richtig scheisse und beinahe unmöglich zu halten. Nachdem er eine Stunde lang die entscheidenden Züge geübt, aber nicht geschafft hat, gibt er frustriert auf. Es beschäftigt ihn noch lange, bald schon wandelt sich jedoch die Frustration in Motivation fürs Trainieren um.




Am Tag der Abreise sind unsere Papiere immer noch nicht eingetroffen. Unsere Stimmung ist ein wenig bedrückt. Einerseits müssen wir Simon und Louis verabschieden, andererseits sitzen wir hier fest. Wir entscheiden uns, das Beste aus der Situation zu machen und gehen weiterhin fleissig klettern. Es ist zwar nicht optimal, aber wir sind froh, dass wir eine Beschäftigung haben, die uns so sehr gefällt.


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