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AutorenbildCora

Endstation erreicht

Bei Tagesanbruch hüpfen wir kurz ins Meer, um uns abzukühlen und uns des Schweisses der hitzigen Nacht bei geschlossenen Türen zu entledigen. Danach sind wir bereit für einen kleinen Ausflug in den nächsten Palí (Supermarkt), wir haben nämlich vor Alajuela all unsere Vorräte aufgegessen. Leider können wir heute noch nicht weiterfahren. Wir haben vor ein paar Tagen Wäsche in einer Wäscherei abgegeben. Da Sonntag ist, müssen wir noch bis morgen früh warten, bis wir sie abholen können. Blödes Timing, aber was solls. In der nächsten Bucht, Playa Hermosa, soll man angeblich surfen können. Wir tuckern die fünf Minuten über den Hügel und gelangen an einen viel ruhigeren, schöneren Strand. Im Gegensatz zu Jaco gibt es hier keine Menschenmengen oder Hochhäuser direkt am Wasser. Nach einem kleinen Picknick in unseren Campingstühlen schnappen wir uns unsere Strandsachen und laufen am Ufer entlang, um nach einem Schattenplatz Ausschau zu halten. Viele Optionen haben wir nicht. Schlussendlich schleichen wir uns in den Aussenbereich eines Hotels, spannen unsere Hängematte und benutzen sogar die Liegestühle. Die Gäste beäugen uns zwar misstrauisch, weggeschickt werden wir aber nicht. Irgendwann macht sich Philip zu einer Surfsession auf, während Cora weiter vor sich hin döst oder liest. Sie darf mit ihrem Ohr noch nicht ins Wasser gehen, die Wellen sehen aber auch nur mittelmässig aus. Gegen Abend stellen wir Gorda um, sodass wir einen Front-Row-Platz direkt am Strand ganz für uns alleine haben. Wir kochen etwas und warten dann, bis es dunkel wird. Kurz vorm Schlafen muss Cora nochmal. Sie möchte etwas abseits gehen, da am Wasser noch Leute herumlaufen. Unauffällig sucht sie nach einem geeigneten Fleckchen Gras und möchte sich dabei den möglichst dunkelsten Ort aussuchen. Schliesslich hat sie sich für eine Stelle entschieden und geht gezielt darauf zu. Statt aber sicheren Boden unter den Füssen zu haben, tritt sie nach einigen Schritten ins Leere. Ehe sie erfassen kann, was los ist, fällt sie und steht plötzlich bis zum Hals in der Kanalisation. Geschockt schafft sie es irgendwie, sich wieder hochzustemmen und rennt zum Auto zurück. Dort erklärt sie Philip, was gerade passiert ist. Dieser rümpft die Nase und verbietet Cora, sich Gorda zu nähern. Sie stinkt unglaublich nach gewissen Körperausscheidungen und ist klatschnass. Das Wasser der Kanalisation ist das Gegenteil von sauber. Zum Glück haben wir heute Nachmittag neben dem Pool des Hotels eine Aussendusche entdeckt. Dort rennen wir jetzt mit unserem Stück Seife hin und Cora stellt sich in voller Montur unter das laufende Wasser. Es bedarf mehreren Waschgängen, bis sie den penetranten Geruch loswird. Am Ende ist es aber geschafft und wir können beruhigt ins Bett gehen. Bis auf ein paar Schürfwunden durch den Sturz ist von dem Malheur zum Glück nichts mehr zu entdecken.



Sobald die Wäscherei am nächsten Morgen öffnet, stehen wir auch schon vor der Tür. Es zieht uns weiter, weg von Jaco. Ein letztes Mal noch gönnen wir uns ein Essen in der leckeren Soda, dann lenken wir Gorda gen Süden. Nach ungefähr anderthalb Stunden Fahrt erreichen wir Quepos, nach Jaco eine der grösseren Städte an der Pazifikküste. Wir wissen nicht recht, was es hier zu sehen gibt, wollen uns das Ganze aber einmal anschauen. Ausserdem tut es gut, sich die Beine zu vertreten. Relativ schnell haben wir den ganzen Ort durchquert. Der Begriff "Stadt" ist ziemlich übertrieben und viel zu bieten hat Quepos auch nicht wirklich. Am Ende unseres Spaziergangs erspähen wir jedoch eine Marina. Da wir sowieso nichts Besseres zu tun haben, wollen wir uns die Schiffe ansehen. Man erhält ungehindert Zutritt zum Hafen, auf die Stege kann man allerdings nicht. Also müssen wir uns mit einem Blick aus der Ferne begnügen, beobachten von Weitem die Crews an Deck und stellen uns vor, dass auch wir bald an Bord eines solchen Bootes sein werden. Während der restlichen Zeit checken wir einmal kurz alle Segler-/Fischerläden ab, finden aber nichts Interessantes. Deshalb begeben wir uns auf den Rückweg zum Auto. Obwohl dieser Ausflug nicht spektakulär gewesen ist, wissen wir jetzt wenigstens, was man in Quepos zu erwarten hat und kennen eine Küstenstadt mehr.


Nur 15 Minuten von Quepos entfernt liegt der Nationalpark Manuel Antonio. Er ist eine der bekanntesten Attraktionen Costa Ricas und ein Muss für jeden Touri. Wir sind etwas zwiegespalten, was den Besuch betrifft. Einerseits soll die Natur dort wunderschön sein und es gibt eine der grössten Faultierkolonien des Landes, andererseits haben wir Angst, in eine Tourist*innenfalle zu geraten. Der Park ist zwar der berühmteste, aber auch der kleinste in Costa Rica. Ausserdem vermuten wir, dass man die regenwaldartige Natur direkt am Strand bestimmt auch auf eigene Faust erkunden kann. Trotzdem wollen wir zumindest mal am Eingang vorbeischauen, um die Lage abzuchecken. Kaum sind wir auf dem Parkplatz angekommen, werden wir vom lokalen Wächter angesprochen. Er möchte viel zu viel Geld von uns und ist extrem hartnäckig, lässt uns jedoch nach einer zehnminütigen Diskussion endlich in Ruhe. Allerdings erfahren wir durch ihn, dass der Nationalpark um drei Uhr schliesst und man die Tickets immer jeweils einen Tag im Voraus über die Webseite kaufen muss. Dies bedeutet für uns, dass ein Besuch heute unmöglich ist. Dienstags ist der Park immer geschlossen, weshalb wir gleich zwei Nächte hier bleiben müssten, um die Faultiere zu besuchen. Bevor wir uns entscheiden, ob wir das tun wollen, laufen wir über den bis in die hinterste Ecke gefüllten Parkplatz, um den Strand abzuchecken. Dort stossen wir auf jede Menge Touris, die unter ihren Sonnenschirmen sitzen und fast jeden Quadratmeter des weissen Sandes belegen. Im Wasser tummeln sich einige Jet-Ski-Fahrer*innen und Motorboote, die Leute an Fallschirmen hinter sich her ziehen. Von überall dröhnt laute Musik aus Boxen. Für uns ist das der absolute Alptraum. Wir kühlen uns kurz im Meer ab und unterhalten uns dann mit einer britischen Familie. Sie erzählt uns begeistert von Manuel Antonio und den geführten Touren mit Guides. Nach diesem Gespräch haben wir genug gehört und entscheiden uns gegen den Besuch des Parks. Wir finden, dass das gesamte Konzept der Anlage rein kommerzorientiert ist und glauben, dass wir auf eigenen Erkundungstouren genau so viel sehen können. Trotzdem nehmen wir uns fest vor, während unserer Zeit in Costa Rica mindestens ein Faultier zu entdecken.



Nach dieser kleinen Pause steigen wir wieder ins Auto und fahren weiter gen Süden. Da wir Manuel Antonio skippen, können wir schon früher an unserem eigentlichen Ziel, das auch Gordas letzter Halt sein wird, ankommen. Dabei handelt es sich um Dominical, ein Surferdörfchen wie jedes andere, eigentlich. Für uns hat dieser Ort allerdings eine besondere Bedeutung. Philip hat sich vor einem Jahr am Kauf eines Grundstückes in den hinter Dominical liegenden Hügeln beteiligt. Zusammen mit ein paar Freunden und Freundes-Freunden haben sie das Stück Land unter sich aufgeteilt. Philip hat seinen Teil jedoch noch nie live gesehen, Colin hat den Kauf damals vor Ort für alle abgewickelt. Jetzt sind wir sehr gespannt, das Ganze endlich in Person zu besuchen. Schon seit wir in Costa Rica eingereist sind, wird Philip immer kribbeliger, weil er es kaum erwarten kann. Deswegen finden wir es nicht weiter schlimm, Manuel Antonio hinter uns zu lassen. Was wir aber auf unserer Fahrt Richtung Dominical sehen, ist erschreckend. Eigentlich bestünde die Gegend, wie fast gesamt Costa Rica, aus dichtem Regenwald, hier jedoch finden wir eine andere Landschaft vor. Der Urwald ist abgeholzt worden und an dessen Stelle befindet sich eine Monokultur aus Palmen. Diese werden zur Produktion von Palmöl genutzt. Die Fabriken zur Gewinnung des Produktes liegen auch direkt neben der Autobahn und stossen riesige schwarze Rauchwolken aus. Wir fahren und fahren und es scheint einfach nicht aufzuhören. Überall nur Palmen. An manchen Stellen sind die Palmen sogar schon wieder verbrannt und gefällt worden. Dort sieht man nun eine klaffende Leere, die die Zerstörung des ursprünglichen Lebensraums widerspiegelt. Der Boden ist durch diese Art der Nutzung viel unfruchtbarer geworden und auch die Gegend hat einen Grossteil ihres Charmes verloren. Nach einer knappen Stunde und 60 Kilometern Strecke sehen wir endlich die ersten Anzeichen unberührter Natur. Von hier an wird es zunehmend dichter und auf den letzten Kilometern vor Dominical können wir unseren Augen kaum trauen. Es gibt nur noch grünen Dschungel, egal wohin wir schauen. Alles sieht so wunderbar bewaldet aus, was sich da wohl so an Tieren versteckt?



Spät Nachmittags kommen wir im Dorf Dominical an. Wir fahren direkt bis zum Strand, wo sich eine Art Markt gebildet hat. Unzählige Strassenverkäufer*innen stellen ihren Schmuck oder sonstige Artikel aus. Auf dem Parkplatz direkt am Wasser, der hier zum Glück für alle kostenfrei ist, haben einige ihre Zelte oder verrostete Vans aufgestellt. Wir parken mitten in diesem Lager und passen mit unserer Gorda perfekt ins Bild. Kaum sind wir aus dem Auto ausgestiegen, bemerken wir eine Reisegruppe Rentner*innen. Sie stehen alle unter einem Baum und blicken gespannt in die Höhe. Das kann nur eins bedeuten. Schnell rennen wir zu ihnen, und tatsächlich! Ein Faultier! Es hockt ganz oben in der Baumkrone und bekommt vom ganzen Trubel unter ihm gar nichts mit, da es tief und fest schläft. Wir sind überglücklich und fühlen uns in unserer Entscheidung, Manuel Antonio auszulassen, bestätigt. Das parkplatzeigene Faultier wollen wir von nun an im Auge behalten, einmal pro Woche sollen die Tiere nämlich auf den Boden herunterkommen, um ihr Geschäft zu erledigen.



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