Der erste Stopp unseres Oaxaca-Surf-Trips heisst Playa Zipolite. Dieser Ort ist in ganz Mexiko bekannt, da es einer der einzigen Nacktstrände ist. Gleichzeitig hat sich hier der Tourismus auf die LGBTQ+ Community spezialisiert. Dies macht sich durch die regenbogenfarbenen Scheinwerfer in den Strandbars, Pride-Flaggen sowie durch die vielen nackten, überwiegend männlichen Pärchen bemerkbar. Wir geniessen die freizügige Atmosphäre und probieren, uns, wie an jedem Ort, möglichst gut anzupassen. Natürlich wollen wir auch surfen, was aber etwas schwierig ist, weil der Beachbreak sehr gross und messy ist. Cora ist in den Wellen ein wenig verloren. Ihre "Surfstunde" wird rapide durch einen Zusammenstoss ihres Kopfes mit dem Brett unterbrochen. Zum Glück gibt es keine Platzwunde, sondern "nur" eine riesige Beule und einen Bluterguss. Trotzdem sitzt der Schock tief und die weiteren Tage bleibt Cora am Strand, während Philip sich austobt.
Die entspannten Tage werden lediglich durch eine weitere Aufregung geprägt: Cora vergisst ihre Brille im Sand, die Beobachtungen zufolge einfach von einer Frau mitgenommen wird. Mit der Beschreibung eines Passanten machen wir uns auf die Suche nach der Diebin. Wir laufen den ganzen Strand und das Dorf ab, und tatsächlich. Nachdem wir so ziemlich jede Frau Mitte 40 mit weisser Bluse angequatscht haben, stossen wir in einem Restaurant auf die Übeltäterin. Sie rückt die Brille zögernd heraus und stammelt irgendeine Ausrede. Wir beschäftigen uns nicht weiter mit ihr, Cora ist einfach überglücklich, wieder sehen zu können. Ohne Brille weiterreisen zu müssen, wäre eine Katastrophe gewesen.
Wir erfahren, dass weiter im Süden einige Schnorchelspots auf uns warten. Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen, also machen wir Halt in einer der Buchten. Sie heisst San Augustin und ist der berühmteste Ort zum Schnorcheln in ganz Oaxaca. Die Natur hier ist wunderschön, man sieht kleine, felsige Inseln im Wasser und jeden Tag kommt ein Ausflugsboot mit einer Menge Touris vorbeigefahren. Neben den paar Restaurants für die Tagestourist*innen gibt es hier nicht viel, wir befinden uns in einem verschlafenen Fischerdörfchen. Auch bei Philip wird die Lust aufs Fischen geweckt, denn er hat während seiner vielen Sommerurlaube in der Türkei immer mit Schnur und Haken experimentiert. In einem Fischerlädchen kaufen wir das Nötige ein. Jetzt fehlen nur noch die Köder. Nach kurzem Herumfragen im Dorf schenkt uns eine kleine Bande von Kindern ihre selbst hergestellten Köder aus Fischresten. Mit Taucherbrille, Schnorchel und der um eine Plastikflasche gewickelte Schnur begeben wir uns ins Wasser. Wir müssen nicht lange warten, die Fische beissen gut. Wir fangen mehrere, leider bleibt der richtig grosse Fang jedoch aus und es gibt doch kein Filet zum Abendessen. Unsere Fische sind alle zu klein, um sie verspeisen zu können.
Mal wieder verlängert sich unser Aufenthalt unfreiwillig. Als wir San Augustin verlassen wollen, bricht nach wenigen Metern die Halterung unseres Keilriemens ab. So können wir nicht mehr weiterfahren. Der freundliche Herr vom Camping schleppt uns mit seinem Pick-Up zurück. Mit dem zerbrochenen Teil machen wir uns per Collectivo auf in die nächste Stadt, um nach einem Ersatz zu suchen. Dies gestaltet sich allerdings als ziemlich schwierig. Das Teil wird nämlich nicht mehr hergestellt und auch gebraucht ist es nirgends zu finden. Die einzige Lösung, die uns bleibt, ist, das kaputte Stück reparieren zu lassen. Wir treffen auf einen Schweisser, der uns versichert, dass er alles wie neu hinkriegt. Uns bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen. Einen Tag später lassen wir das "neue" Teil von einem Mechaniker einbauen. Alles scheint zu funktionieren, wir können aufbrechen.
Philip sitzt schon seit einigen Tagen auf heissen Kohlen, er möchte unbedingt wieder surfen. Wir entscheiden uns dazu, in Playa Mojon vorbeizuschauen. Unsere Camper-App iOverlander warnt zwar davor, dass man dort nicht campen darf und sofort von den Locals weggeschickt wird, aber wir wollen es trotzdem versuchen. Und wie erhofft, öffnen sich für uns doch irgendwie die Türen. Wir gehen einfach freundlich auf die Leute zu, bringen unser Anliegen vor und bekommen auch sogleich einen Schlafplatz neben dem einzigen Restaurant. Die nächsten Tage verbringen wir hauptsächlich in und neben dem Restaurant, das der Treffpunkt für alle Surfer*innen ist. Wir werden fast schon Teil der Familie und freunden uns mit "Torro", dem Besitzer des Lokals und gleichzeitig einer führenden Figur in der hiesigen Surfszene, an. Dies kommt uns sehr zugute, denn an den Surfspots hier herrscht oftmals ein angespanntes Verhältnis zwischen den Tourist*innen und den lokalen Surfer*innen. Ist man aber mit dem Chef der Bucht befreundet, wird man mit offenen Armen empfangen.
Die Welle in Mojon ist anspruchsvoll und erfordert ein gewisses Können, man muss sie sehr nahe an den Felsen an paddeln. Für Cora gibt es weiter drinnen einen kleineren Spot, an dem sie sich ausprobieren kann. Wir haben unseren Spass und können beide schon Fortschritte erkennen. Ein Ort wie Mojon ist für jede Camper*in ein Traum, mit so lieben Menschen in einer so schönen Umgebung könnten wir es auch locker ein Jahr aushalten!
Ihr habt ja bis jetzt jedes Problem gelöst, super! Lasst euch den Spass nicht verderben (Brillendiebin 👎🏻😡)